Steinadler – der König der Lüfte

Wer im Gebiet Neckertal unterwegs ist, begegnet heute häufiger dem Steinadler als in früheren Jahren. Das ist nicht nur in den Hochalpen, sondern auch in den Voralpen der Fall.  Was sind die Gründe dafür? Dehnt sich das Gebiet des geschützten Adlers weiter ins Flachland aus? Auch in unserem Revier stellen wir fest, dass das Steinadler-Paar eine hohe Brutbereitschaft zeigt und nahezu jedes Jahr eine Brut austrägt.

Mittels Radio- und Satellitenelementrie sind bei jungen Adlern innerhalb weniger Monate Streifgebiete von bis 15000 Quadratkilometern ermittelt worden, was etwas mehr als der doppelten Fläche des Kantons Graubünden entspricht. Zu diesem Ergebnis kommt Privatdozent Heinrich Haller, der Direktor des Schweizerischen Nationalparks in seiner Forschungsarbeit.

Der Steinadler wurde im 19. Jahrhundert stark gejagt. Die Population in den Alpen erlebte Anfang des 20. Jahrhunderts daher ihren Tiefpunkt. Allein im Kanton Graubünden wurden zwischen 1880 und 1900 total 257 Steinadler geschossen. Ein Jäger erhielt damals 10 Franken Prämie pro Abschuss, was heute etwa 200 Franken entspricht. Mitte der 1990er Jahre, zum Zeitpunkt der letzten schweizerischen Erhebung und rund 100 Jahre nach dem Tiefpunkt, betrug der Bestand wieder 310 Adlerpaare. Seither dürften einige dazugekommen sein. Der Schweizer Adlerforscher und Biologe David Jenny geht heute von ca. 340 Paaren aus. Allerdings hat sich in den letzten 10 bis 20 Jahren das Wachstum verflacht. Vielerorts ist der Bestand im Bereich der Sättigung. Auch im Jura haben sich seit den 1990er Jahren wieder wenige Paare niedergelassen. Im gesamten Alpenraum sind es heute 1300, in Europa etwas über 5000 Paare.

Ob sich der Adler angesichts der Sättigung in den Alpen in flachere (Mittelland-)Gebiete weiter ausbreitet? Jenny meint eher nein, weil die erforderlichen Lebensgrundlagen dem Steinadler klare Verbreitungsgrenzen setzen. Er braucht offene, nahrungsreiche, wenig besiedelte und thermikreiche Landschaften, bevorzugt deshalb Gebiete über der Waldgrenze. Zudem ist er menschenscheu.

Verbreitung der Steinadler-Paar in der Schweiz

Die Adlerforschung geht heute davon aus, dass der jetzige Bestand eine relativ hohe Dichte erreicht, die vielerorts den natürlichen Kapazitätsgrenzen entspricht. Die Nachwuchsraten sind in den letzten Jahrzehnten bei zunehmendem Bestand zurückgegangen. Diese „natürliche Geburtenkontrolle“ ist vor allem eine Folge der häufigeren Revierkämpfe zwischen Artgenossen, welche auch tödlich enden können, und dem damit verbundenen Stress für überlebende Tiere.

50% der gefundenen toten Steinadler sind Kampfopfer als Folge von Auseinandersetzungen innerhalb der eigenen Art. Als weitere Todesursachen fungieren Kollisionen mit Kabeln, Stromtod, illegale Abschüsse oder Bleivergiftungen.

Als Folge der Revierkämpfe kommt es zu einer reduzierten Brutbereitschaft und die Horste mit den Eiern bleiben oft länger verlassen, die Eier kühlen ab, was zur Brutaufgabe führen kann.

Quelle: Vogelwarte Sempach, NZZ

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